Bis zu 19 % der weltweiten Stromversorgung wird aus fließenden Gewässern gewonnen. Das entspricht 4.500 TWh. Zur Einordnung: Der gesamtdeutsche Stromverbrauch lag 2023 laut der Bundesnetzagentur bei rund 457 TWh. Die Verwendung von Bewegungsenergie, der sogenannten Kinetik, zum Antrieb einer Turbine ist kein neues Phänomen. Seit mindestens 4.000 v. Chr. nutzen Menschen die kinetische Kraft des Wassers und setzen Schöpfräder ein, um Felder zu bewirtschaften – bis 1895 an den Niagarafällen das erste Wasserkraftwerk in Betrieb genommen wurde. Die generierte Leistung von 3,7 MW versorgte damals eine Kleinstadt mit Strom. Heute erzeugen Turbinen in Speicher- oder Laufwasserkraftanlagen klimaneutrale elektrische Ladung. Unter den erneuerbaren Energieträgern ist die Wasserkraft mit einem Wirkungsgrad von rund 90 % die effizienteste Art der Stromerzeugung – Grund genug, sich ihre Funktionsweise genauer anzuschauen.
 

Zwei Kraftwerksarten

Zu den bekanntesten Varianten gehören Laufwasser- und Speicherkraftwerke. Bei ersterem wird das Wasser über einen Damm gestaut, fließt aber kontinuierlich durch das Kraftwerk. So erzeugt es durch kinetische Energie rund um die Uhr eine konstante Strommenge. Laufwasserkraftanlagen sind für geringe Gefälle und Wassermengen konzipiert. Dabei wird Flüssigkeit in bis zu 1.000 m höher gelegenen Speicherbecken gesammelt. Durch die Fallhöhe strömt das Wasser mit starkem Druck durch die Turbinen. Aus der potenziellen Energie wird Strom gewonnen. Dieser Anlagentyp wird nur dann eingesetzt, wenn kurzfristig ein Mehrbedarf an Elektrizität besteht. 
 

Versorgung von Millionen

Rund 7.300 Wasserkraftwerke mit einer maximalen Leistung von 5.600 MW bei viel Niederschlag sind zurzeit in Deutschland in Betrieb – damit ließe sich Berlin viermal versorgen. In Norwegen stammt sogar über 85 % der Stromversorgung aus hydroelektrischer Energie. Das größte Wasserkraftwerk der Welt, der Drei-Schluchten-Staudamm in China, erzeugt eine tägliche Leistung von 22,5 GWh. Damit ein Windpark eine vergleichbare Energieproduktion erreicht, bräuchte es eine Fläche der Größe Luxemburgs. 

Laufwasserkraftwerk

Grafik eines Laufwasserkraftwerks

Speicherkraftwerk

Grafik eines Speicherwasserkraftwerks

Umwandlung von Energie

Um mithilfe von Wasser Strom zu erzeugen, werden Turbinen (1) genutzt, die sich im Inneren des Kraftwerks befinden und in ihrer Größe variieren – manche Drehmaschinen sind klein wie ein Tischventilator oder groß wie ein Lkw-Reifen. Das gestaute Wasser strömt durch eine Druckleitung zur Turbine, die durch die Fließbewegung zu rotieren beginnt. Diese Drehkraft wird auf einen Generator (2) übertragen, der die kinetische in elektrische Energie umwandelt. Der Strom wird daraufhin ins Versorgungsnetz (3) eingespeist und das Wasser wieder aus dem Kraftwerk geleitet. 

Grüne Zukunft durch Wasserkraft?

Die Vorteile der Wasserkraftnutzung liegen auf der Hand: Neben der Klimaneutralität ist diese Art der Stromerzeugung durch Fischtreppen (4) naturverträglich, verhindert dank Staudämmen Überschwemmungen und trägt so aktiv zum Hochwasserschutz bei. 

 

Text: Nicolas Schiffler.

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