Die Case Study oder Fallstudie ist Teil eines Assessment-Centers und simuliert ein praxisnahes Problem, das die Teilnehmenden entweder allein oder gemeinsam mit anderen Bewerbenden unter Zeitdruck analysieren und lösen müssen. Ziel der Case Study ist es, die analytischen und organisatorischen Kompetenzen der Jobsuchenden zu testen sowie deren Lösungsorientierung, Stressresistenz und Konzentrationsfähigkeit. Werden Case Studies in Gruppen bearbeitet, wird zusätzlich die Teamfähigkeit der einzelnen Teilnehmenden auf die Probe gestellt.

Inhaltsübersicht

- Die verschiedenen Case-Study-Typen
- Wozu dienen Case Studies in Bewerbungsgesprächen?
- Welche Skills werden bei einer Case Study bewertet?
- Vorbereitung auf die Case Study
- Wie wird eine Case Study gelöst?
- Wieviel Zeit haben Bewerber zum Bearbeiten von Case Studies?
- Welche Formate können Case Studies haben?

Die verschiedenen Case-Study-Typen

Business-Cases: Hierbei handelt es sich um die klassische Fallstudie, bei der in Kleingruppen oder in Einzelübungen praxisnahe Problemstellungen analysiert und getestet werden.

Marktgrößenschätzungen: Bei diesen Fragestellungen sollen die Kandidatinnen und Kandidaten die Größe eines Absatzmarktes bestimmen. Ziel ist, das logische Denken sowie das Allgemeinwissen zu prüfen.

Brainteaser: Knobel-Aufgaben oder Rätselfragen, die die Problemlösungsfähigkeit, das logische Denken sowie die Kreativität und Auffassungsgabe testen.

Wozu dienen Case Studies in Bewerbungs-gesprächen? 

Über Fallstudien testen Personalverantwortliche Bewerbende auf eine Reihe von Soft Skills, die über den Lebenslauf oder das Anschreiben nicht ersichtlich sind. Mithilfe der Case Studies soll herausgefunden werden, wie Jobsuchende in der Praxis auf Stresssituationen reagieren, wie sie mit Herausforderungen umgehen und wie sie an Aufgaben herangehen.

Welche Skills werden bei einer Case Study bewertet?

Stressresistenz: Nervosität, ein Blackout, unpassende Aussagen oder Verweigerung der gestellten Aufgabe: Dies alles sind für Personalverantwortliche Indizien, dass die Bewerbenden für die offene Vakanz nicht die richtige Wahl sind. Präsentieren sich die Jobsuchenden im Interview hingegen kommunikativ, kreativ und stressresistent, deutet dies darauf hin, dass sie auch in der Praxis unerwartete Herausforderungen unter hohem Zeit- und Leistungsdruck bewältigen können.

Kreativität: Im Berufsalltag kommen oft herausfordernde Probleme zum Vorschein, die meist unerwartet auftreten und für die schnell eine Lösung gefunden werden muss. Personalverantwortliche erkennen Kreativität daran, ob eher ein gewöhnlicher und sicherer Lösungsweg gewählt wird oder ob die Bewerbenden risikobereit sind und um die Ecke denken können. Logisches Denken ist abhängig davon, ob Strukturen und Regeln erkannt werden. Den Überblick über eine Vielzahl an Aufgaben zu behalten, diese nach Prioritäten und Struktur abzuarbeiten und gewisse Situationen analysieren und einschätzen zu können, sind Schlüsselkompetenzen, die einen starken Einfluss auf den beruflichen Erfolg haben. Logisches Denkvermögen und Abstraktionsfähigkeit geben Personalverantwortlichen aber nicht nur Einblick in die kognitiven Fähigkeiten, sondern auch Aufschluss über die Entwicklungsmöglichkeiten.

Konzentrationsfähigkeit: In kürzester Zeit besonders produktiv zu arbeiten, wird im Berufsalltag zu einer immer größeren Herausforderung. Der Zugang zu unzähligen Informationen macht es immer schwieriger, sich auf die wesentlichen Dinge zu konzentrieren. Umso wichtiger ist es, sich nicht ablenken zu lassen und einen Blick für die wichtigen Informationen zu haben. In der Case Study wird diese Fähigkeit überprüft, indem Bewerbende unter Zeitdruck aus unzähligen Informationen einen Lösungsansatz für die Fallstudie finden sollen.

Einarbeitung in komplexe Themengebiete: Die Zeit ist im Arbeitsalltag eine knapp bemessene Ressource. Umso wichtiger ist die Fähigkeit, sich schnell in neue Themengebiete einarbeiten zu können. Jobsuchende, die eine Case Study im Rahmen des Bewerbungsgesprächs lösen müssen, sehen sich mit einem unbekannten und komplexen Thema konfrontiert und haben oftmals nur eine kurze Vorbereitungszeit. Bewerbende erhalten bei diesem Verfahren einen Einblick in den Berufsalltag und Personalverantwortliche können sich ein Urteil über die Aufnahmefähigkeit bilden.

Unternehmerisches Denken: Wer unternehmerisch denkt und handelt, kann sich mit den Zielen des eigenen Unternehmens sehr gut identifizieren und handelt effizient und effektiv. Er oder sie setzt die richtigen Prioritäten und macht sich Gedanken darüber, wie Prozesse und Abläufe optimiert werden können, immer mit dem Ziel, den Erfolg des Unternehmens zu steigern. Anhand dessen, wie Bewerbende mit einer Fallstudie umgehen und versuchen entsprechende Lösungsansätze zu finden, können Personalverantwortliche das unternehmerische Denken abschätzen.

Vorbereitung auf die Case Study 

  1. Wie bei Prüfungen im Allgemeinen hängt auch bei Case Studies die Konzentration oft davon ab, wie ausgeruht und ausgeschlafen die Kandidatinnen und Kandidaten sind. Am Abend vor dem Assessment-Center sollten Sie deshalb rechtzeitig ins Bett gehen und bereits den Weg zum potenziellen Arbeitgeber kennen. So kommen Sie am Morgen des Assessment-Centers nicht unnötig unter Zeitdruck.
  2. Case Studies werden immer branchenbezogen gestellt. Deshalb sollten Sie sich im Vorfeld gut über die Branchen sowie Unternehmen informieren. Schauen Sie sich dazu auch Unternehmenskennzahlen an. Diese könnten Ihnen während der Lösung einer Case Study wichtige Anhaltspunkte bieten. Auch aktuelle Entwicklungen oder Herausforderungen können wichtig sein.
  3. Informieren Sie sich im Vorhinein über den Ablauf sowie die verschiedenen Arten von Case Studies und spielen Sie selbst einige Beispiel-Studien durch. So gehen Sie selbstsicherer an die Lösungsfindung.
  4. Üben Sie im Vorhinein Kopfrechnen sowie schriftliches Rechnen. Gerade unter Zeitdruck können kleinere Rechenaufgaben Nervosität erzeugen, wenn die Lösung entscheidend für die Weiterbearbeitung der Case Study ist. Umso wichtiger ist es, innerhalb kurzer Zeit im Kopf problemlos kleinere Rechnungen durchführen zu können, besonders dann, wenn kein Taschenrechner benutzt werden darf.
  5. Machen Sie sich mit gängigen betriebswirtschaftlichen Modellen vertraut. Dazu zählen z.B. die Gewinngleichung, die BCG-Matrix oder Porter‘s Five Forces. Diese müssen Sie im Zweifelsfall im Rahmen des Assessment-Centers anwenden.
  6. Zum Ende einer Fallstudie werden Sie dazu aufgefordert, Ihre Ergebnisse zu präsentieren. Trainieren Sie deshalb auch nochmal Ihre Präsentations- und Moderationsfähigkeiten.

Wie wird eine Case Study gelöst?

Aufmerksames Lesen der Case Study: Der erste Schritt hin zur Lösung ist das aufmerksame Lesen der Case Study. Dazu bietet es sich an, alle wichtigen von den unwichtigen Informationen zu filtern und diese relevanten Aspekte zusätzlich auf ein separates Blatt in Stichpunktform zu übertragen. In diesem Zusammenhang sollte auch die Problemstellung der Case Study nochmal in eigenen Worten zusammengefasst und ebenfalls notiert werden. So hat man alle wichtigen Informationen im Blick und läuft beim Lösen des Fallbeispiels nicht Gefahr, wichtige Kriterien außen vor zu lassen.

Problemstellung strukturieren: Ist die Case Study sehr ausführlich, bietet es sich an, die Problemstellung in einzelne Teilprobleme herunterzubrechen. Jedes der einzelnen Teilprobleme ist einfacher zu lösen als die gesamte Problemstellung in einem. Bei der Lösung der Teilproblematiken ist es wichtig, weiterhin den Blick für das Ganze zu behalten und sich nicht in Details zu verlieren.

Lösung der Case Study: Zur Lösung der Fallstudie ist es sinnvoll, sogenannte Frameworks mit einzubeziehen. Dabei handelt es sich um betriebswirtschaftliche Modelle, die z.B. bei der Strategieanalyse der unternehmerischen Planung (Porter´s Five Forces Analysis) oder der Gewinnermittlung (Gewinngleichung) helfen. Gibt es mehrere Lösungen, sollten Vor- und Nachteile abgewogen und dann eine Entscheidung getroffen werden. Im Gespräch mit den Personalverantwortlichen sollten dennoch alle Lösungen präsentiert werden inklusive des Lösungsweges, für den man sich entschieden hat. So werden Kreativität und die Fähigkeit, Problemstellungen aus verschiedenen Perspektiven beurteilen zu können, vermittelt. Bei der Lösung der Case Study sollten Bewerbende darüber hinaus immer Bezug zum Unternehmen und der jeweiligen Branche nehmen.

Präsentation der Lösung:
Bei der Präsentation der Lösung der Case Study sollten Lösung und Lösungsweg klar und verständlich erklärt werden. Zur Veranschaulichung helfen Skizzen an einem Flipchart oder einer Tafel. Ein selbstbewusstes Auftreten ist zudem von Vorteil, insbesondere dann, wenn Personalverantwortliche versuchen, die Bewerbenden über Fragen zu verunsichern. Eine bestimmte und dennoch freundliche und kommunikative Interaktion ist der richtige Weg, um einen positiven Eindruck zu hinterlassen.

Wieviel Zeit haben Bewerber zum Bearbeiten von Case Studies?

Das hängt ganz davon ab, wie umfangreich die Case Study ist. Kürzere Case Studies können einige Stunden, längere Case Studies sogar einen ganzen Tag lang andauern. Um eine Case Study innerhalb der vorgegebenen Zeit lösen zu können, kommt es auf ein gutes Zeitmanagement an. Eine Orientierung bietet das Pareto-Prinzip, welches besagt, dass mit nur 20 % Prozent des Aufwands 80 % des Gesamtergebnisses erzielt werden können. Dazu ist es entscheidend, wichtige Aufgaben zu identifizieren und zu priorisieren und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Welche Formate können Case Studies haben?

Case Studies sind entweder als Einzelaufgabe oder Gruppendiskussion gedacht. Welches der beiden Vorgehen gewählt wird, hängt ganz vom Unternehmen ab. Soll die Fallstudie im Rahmen einer Gruppenarbeit gelöst werden, sind Team-Skills gefragt. Personalverantwortliche wollen in diesem Zusammenhang mehr über die Soft Skills erfahren und prüfen, welche Rollen die Kandidatinnen und Kandidaten im Team einnehmen, wie die Kooperationsbereitschaft ausgeprägt ist und inwiefern sie sich in einer Gruppe behaupten können.