Das Videointerview ist eine digitale Form des Vorstellungsgesprächs, welches oft über das Programm Skype oder auch über Zoom oder Microsoft Teams durchgeführt wird. Meist sind diese online Vorstellungsgespräche dem persönlichen Vorstellungsgespräch vorgelagert, um einen ersten bzw. besseren Eindruck vom Bewerber zu erhalten – es ersetzt das face-to-face Gespräch aber nicht. Zudem werden sie häufig bei einer weiten Entfernung zwischen dem Bewerber und dem Unternehmen genutzt (auch kurzfristig möglich) oder wenn der Bewerber ein persönliches Gespräch aus terminlichen oder organisatorischen Gründen nicht wahrnehmen kann. Ein weiterer Grund ist der, das Unternehmen versuchen, potentielle Kandidaten aus einer Vielzahl von Bewerbern herauszukristallisieren, ohne alle ins Unternehmen einladen zu müssen. Somit können Ressourcen gespart und der Organisationsaufwand verringert werden.
Ablauf und Dauer des Videointerviews
Ein Videointerview ist vom Ablauf her vergleichbar mit dem klassischen Vorstellungsgespräch. Die Phasen können im Beitrag „Vorstellungsgespräch“ unter „Ablauf eines persönlichen Vorstellungsgesprächs“ nachgelesen werden. Je nach Unternehmen und vor allem angestrebter Position und der Qualifikationen des Bewerbers, variiert die Dauer eines Videointerviews. Als Erstgespräch werden ca. 20 Minuten gerechnet, wenn der Personaler nur Basisinformationen erfragen möchte, um offene Punkte aus dem Lebenslauf zu klären. In der Regel wird aber mit knapp 60 bis 90 Minuten gerechnet. Mit der entsprechenden Vor- und Nachbereitung sollte man ca. zwei Stunden einkalkulieren.
Vor dem Videointerview
Für den Erfolg des Vorstellungsgesprächs spielt die Art des Interviews keine Rolle. Hierfür ist die Vorbereitung entscheidend.
Technische Voraussetzungen
Internetzugang: Zuerst muss ein funktionsfähiger Internetzugang mit ausreichender Leistung sichergestellt sein, um ein einwandfreies Gespräch ohne Verzögerungen oder Haken führen zu können. Die Informationen der benötigten Übertragungsgeschwindigkeiten findet man auf den jeweiligen Seiten der Programmanbieter. Bei Skype wird bspw. als Bandbreite eine Mindestgeschwindigkeit von 300 Kbit/s vorausgesetzt, wobei für eine gute Qualität eine Geschwindigkeit von 500 Kbit/s empfohlen wird. Bei Zoom sollte es für qualitativ hochwertige Videoanrufe eine Bandbreite von 600 Kbit/s und bei Microsoft Teams von 500 Kbit/s sein.
Account: Für die Nutzung der Anwendungen müssen diese entsprechend installiert werden. Hierbei sind die benötigten Betriebssysteme zu beachten. Anschließend kann man sich einen Account anlegen, sofern man noch keinen besitzt. Hierbei sollte auf einen seriösen Namen geachtet werden. Andernfalls sollte der Login geprüft werden.
Software-Version: Die Anwendung sollte stets aktualisiert werden, indem die Updates heruntergeladen werden. So kann man sicherstellen, dass alle notwendigen Features verfügbar sind und es nicht zu Kompatibilitätsproblemen kommt.
Webcam: Vor dem Videointerview sollte getestet werden, ob die integrierte Kamera funktioniert und die dazugehörigen Einstellungen richtig sind. Noch besser wäre es, eine externe Webcam zu benutzen, da sie hochauflösendere Bilder überträgt und demnach eine bessere Qualität aufweist. Dies ist aber nicht zwingend nötig. Wichtiger ist es, sicherzustellen, dass die verwendete Kamera funktioniert und einsatzbereit ist. Unabhängig von der Kamera sollte sie auf Augenhöhe platziert werden bzw. so ausgerichtet sein, dass das Gesicht mittig im Bild ist. Zudem sollten die Helligkeit und Hintergrundumgebung über die Webcam-Einstellungen so angepasst sein, dass alles gut erkennbar ist.
Headset: Bei einem Headset sind Mikrofon und Kopfhörer kombiniert. Wenn möglich sollte eine kabellose Variante genutzt werden, um eine bessere Sprachqualität zu erzielen. Alternativ kann aber auch das eingebaute Mikrofon verwendet werden. In jedem Fall sollten die Funktionalität sowie die Mikrofonlautstärke und Tonqualität vorab getestet werden.
Vorbereitung des Videointerviews
Timing: Während Telefoninterviews spontan erfolgen können, wird für ein Videogespräch immer ein Termin vereinbart, sodass ausreichend Zeit für eine gute Vorbereitung bleibt. Diese ist notwendig, um den Personaler zu überzeugen.
Profil: Da das eigene Profil eine digitale Visitenkarte darstellt, sollte ein seriöser Name gewählt werden und auch das Profilbild sollte angemessen sein. Idealerweise wird das Foto aus der Bewerbung verwendet. Zudem sollten die verschiedenen Bereiche und Angaben des Profils überprüft werden.
Programmstart: Die Anwendung sollte rechtzeitig gestartet werden, da Verspätungen immer einen schlechten Eindruck hinterlassen. Zudem sollten sonstige Downloads sowie Anwendungen gestoppt und alle Fenster, die nicht benötigt werden, geschlossen werden. Dies unterbindet nicht nur potenzielle Ablenkungen, sondern vor allem auch unnötigen Qualitätsverlust.
Datenschutzeinstellungen: In den Einstellungen sollte überprüft werden, dass auch Anrufe und Nachrichten von Personen außerhalb der eigenen Kontaktliste zugelassen sind, damit der Bewerber vom Personaler kontaktiert werden kann.
Tests der Eingabegeräte und des Akkustandes: Kamera und Mikrofon sollten vorab auf Funktionalität getestet werden. Zudem sollte auch der Akkustand auf dem Laptop oder dem zu benutzenden Endgerät und ggf. der vom Headset überprüft werden. Es empfiehlt sich, einen kostenlosen Testanruf durchzuführen und den Videostream auszuprobieren, um sicher zu gehen, dass der Personaler den Bewerber gut verstehen und sehen kann (Bildausschnitt, Lichteinfall etc.).
Umfeld: Da der Hintergrund auf einem Video immer zu sehen ist, sollte der Ort ganz bewusst ausgewählt werden. Es bietet sich an, einen möglichst neutralen Hintergrund, zum Beispiel eine weiße Wand, zu wählen. Poster, Bilder oder ein Bücherregal geben vielleicht mehr Auskunft über die eigene Person, als es gewünscht ist. Zudem kann die ein oder andere Abbildung unpassend sein. Ein kritischer Blick auf die sichtbaren Gegenstände im Hintergrund wird daher dringend empfohlen. Außerdem sollte darauf geachtet werden, dass der Ort gut ausgeleuchtet und aufgeräumt ist. Das Licht sollte jedoch nicht von hinten oder direkt von oben kommen, damit der Gesprächspartner den Bewerber sehen kann und er/sie keine Schlagschatten hat.
Darüber hinaus ist es essentiell, dass das Gespräch an einem ruhigen Ort stattfindet und Störungen vermieden werden. Hierfür sollten auch Mitbewohner in Kenntnis gesetzt und Fenster geschlossen werden. Hintergrundgeräusche und jegliche Ablenkungen – wie bspw. Musik, das Handy oder Haustiere – stören nicht nur einen selbst, sondern auch den Gesprächspartner und vermitteln ein schlechtes Bild.
Position: Der Bewerber sollte eine seriöse Position am Tisch einnehmen. Hierzu setzt man sich aufrecht hin und legt die Hände vor sich auf den Schreibtisch.
Outfit: Auch wenn das Gespräch im Sitzen durchgeführt wird, ist auf die Kleidung zu achten. Grundsätzlich sollte der Bewerber sich wie bei einem persönlichen Vorstellungsgespräch (unter „Organisatorisches“ – Outfit) kleiden. So lässt es sich auch vermeiden, dass man in eine peinliche Situation kommt, falls man einmal aufstehen sollte.
Gesprächsvorbereitung: Der Bewerber sollte sich ausreichend Zeit nehmen und sich, wie bei einem persönlichen Vorstellungsgespräch, sehr intensiv vorbereiten. Diese Tipps sind im Beitrag Vorstellungsgespräch unter „Vorbereitung des Vorstellungsgesprächs“ zu finden.
Testgespräch: Die Videotelefonie sollte ebenfalls vorher getestet werden. Hierzu kann man die Situation zum Beispiel mit Freunden oder Familienangehörigen durchspielen.
Während des Videointerviews
Generell ist auch hier eine Orientierung an den Vorgaben und Tipps des persönlichen Vorstellungsgesprächs sinnvoll.
Begrüßung: Von Beginn an sollte auf die Haltung und Mimik geachtet werden. Außerdem ist es wichtig, das Gespräch förmlich mit vollständigen Namen anzunehmen.
Mimik und Gestik: Der direkte Blick in die Kamera lässt beim Interviewpartner den Eindruck entstehen, dass ihm/ihr in die Augen geschaut wird. Auf jeden Fall sollte man nicht auf den kleinen Bildausschnitt mit dem eigenen Bild oder auf den Bildschirm blicken, da dies nicht nur ablenken, sondern auf sein Gegenüber auch so wirken kann, als wäre man nicht ganz bei der Sache oder würde an ihm/ihr vorbeischauen. Es gilt auch, sowohl nervöse Bewegungen als auch übermäßiges Gestikulieren mit den Händen zu vermeiden, da dies unruhig wirkt und zu Verzerrungen des Bildes führen kann. Keinerlei Gestikulationen können jedoch ermüdend wirken, sodass stets ein gutes Maß gefunden werden sollte.
Unterlagen: Eigene Dokumente wie beispielsweise Lebenslauf, Fragenkatalog und Notizen können als Hilfsmittel verwendet werden, um selbstsicherer zu sein. Hierbei sollte darauf geachtet werden, dass diese so in Sichtweite platziert werden, dass sie nicht gesehen werden können.
Verabschiedung: Sich beim Gesprächspartner zu bedanken und ihn mit seinem Namen zu verabschieden ist persönlicher und hinterlässt einen positiven Eindruck. Es muss darauf geachtet werden, sich nicht zu früh entspannt zurückzulehnen, sondern erst, wenn das Gespräch und die Kamera wirklich beendet sind.
Nach dem Videointerview
In Erinnerung bleiben: Je nach Absprache können dem Personaler im Nachgang noch ergänzende Unterlagen per E-Mail geschickt werden. Andernfalls kann ein individuelles Dankesschreiben verfasst werden (siehe „Nach dem Vorstellungsgespräch“), um seine Chancen zu erhöhen. Im Anschluss sollte auf die Rückmeldung des Unternehmens gewartet und sich nicht vor dem vereinbarten Termin gemeldet werden.
Weitere Tipps für das Videointerview
Das Unternehmen meldet sich nicht: Zunächst heißt es Ruhe bewahren und abwarten. Wenn sich der Gesprächspartner aber nach einer angemessenen Wartezeit nicht meldet, sollte eine kurze E-Mail geschrieben oder im Unternehmen angerufen werden. Somit zeigt man, dass man den Termin nicht vergessen hat.
Plötzliche Probleme: Eine kurze Unterbrechung der Verbindung oder wenn die Person gegenüber plötzlich nicht mehr zu hören ist, sind keine Gründe zur Verzweiflung – technische Probleme können jederzeit auftreten. Nun ist es wichtig Ruhe zu bewahren und entspannt zu reagieren. Außerdem kann es auch sein, dass der Personaler diese kleine Falle bewusst nutzt, um das Verhalten des Bewerbers in einer Stresssituation zu testen. Deswegen sollte zu Beginn des Gesprächs geklärt werden, wie bei einem solchen Vorfall vorgegangen werden soll: Wer ruft zurück oder soll das Gespräch via Telefon fortgeführt werden?
Angst vor Technikausfall: Es kann immer passieren, dass die Technik mal ausfällt, aber um die Wahrscheinlichkeit dafür und die eigene Angst davor zu minimieren, sollte alles gründlich geprüft werden und bei Möglichkeit auch Ersatzgeräte parat sein.
Getränk: Um einen trockenen Hals vorzubeugen, hilft die Bereitstellung eines Getränks.
Sicherheit: Videointerviews sind für viele Bewerber neu und stellen eine ungewohnte Situation dar. Trotzdem sollte man als Bewerber selbstbewusst und -sicher sein. Die gewohnte Umgebung in den eigenen vier Wänden hilft in der Regel sogar dabei, Ruhe zu bewahren.
Sonderform: Zeitversetztes Videointerview
Bei einem zeitversetzten Videointerview führt der Bewerber das Videointerview eigenständig und ohne einen Gesprächspartner durch. Bei diesem automatisierten Prozess legt das Unternehmen Fragen, Bewertungskriterien und die Vorbereitungs- und Antwortzeiten vorher fest, die den Bewerber dann während des Interviews (über eine Frageliste oder einen akustischen Bot) anleiten. Die Aufnahme der Antworten und dessen anschließende Evaluation finden zeitlich und örtlich unabhängig voneinander statt. Der Prozess inkl. Fragen und Zeitfenster sind für alle Bewerber identisch.
Ablauf
Vorab: Mit der Einladung erhält der Bewerber sowohl einen Zugangscode für eine externe Videointerview-Plattform (Link) als auch eine Interviewfrist (meistens eine Woche). In diesem Zeitraum entscheidet er/sie selbst, wann und wo er das Videointerview durchführen möchte.
Test: Zudem bekommt der Bewerber oft die Möglichkeit, die Technik vorher zu testen. Hierbei wird er/sie anhand eines Testinterwies durch den Prozess geleitet.
Videointerview: Nach dem Login wird jeweils eine Frage auf dem Bildschirm angezeigt, für diese der Bewerber sich in vorgegebener Zeit eine Antwort überlegen muss. Die verbleibende Vorbereitungszeit wird hierbei stets angezeigt. Im Anschluss oder bei manueller Eingabe startet der Bewerber mit der Präsentation seiner Antwort, die aufgezeichnet wird. Auch hierfür hat er/sie eine vorgegebene Zeit zur Verfügung, die nach Ablauf automatisch endet oder er/sie kann seine Antwort selbst vorzeitig beenden. Anhand dieses Schemas werden verschiedene Fragen gestellt, um den Bewerber besser kennenzulernen und seine Eignung für den Job herauszufinden. Die Aufzeichnung kann sich der Personaler dann zeitversetzt anschauen und auch mit den anderen Bewerbern direkte Vergleiche ziehen.
Dauer: Der Bewerber beantwortet die Fragen via Webcam selbstständig innerhalb von etwa 15-20 Minuten.
Die Verhaltensregeln vom synchronen Videointerview bleiben bestehen. Zu beachten ist aber, dass die Antworten aufgezeichnet werden und somit zur wiederholten Ansicht zur Verfügung stehen. Demnach ist eine gute Vorbereitung auch hier extrem wichtig und die Situation sollte vorher möglichst geübt werden.